Samstag, 2. Dezember 2017

Lion - Lion: Der lange Weg nach Hause (2016)

http://www.imdb.com/title/tt3741834/

Mit fünf Jahren wird der kleine indische Junge Saroo (Sunny Pawar) von seiner Familie getrennt, woraufhin er sich schließlich tausende Meilen von Zuhause entfernt und verwahrlost in Kalkutta wiederfindet. Nach dieser beschwerlichen Odyssee nehmen ihn Sue (Nicole Kidman) und John Brierley (David Wenham) auf, ein wohlhabendes australisches Ehepaar, das ihn in ihrer Heimat wie seinen eigenen Sohn aufzieht. Doch seine Wurzeln hat Saroo nie vergessen und so macht er sich als junger Mann (nun: Dev Patel) mit Hilfe seiner trüben Erinnerungen und Google Earth auf die Suche nach seiner wahren Mutter. Während seiner Reise in die eigene Vergangenheit hofft er endlich auf jenes Dorf zu treffen, das sich mit seinen Erinnerungen ans Vergangene deckt...

"Lion" ist die unglaubliche, aber wahre Geschichte um den indischen Jungen Saroo Brierley, der im Alter von fünf Jahren verloren ging und 25 Jahre später wieder zurück nach Hause findet. Regisseur Garth Davis Debütfilm schöpft dabei komplett aus dem Vollen. So eine wahre herzzerreißende Geschichte mit einem verzweifelten Jungen punktet ja immer, man muss schon fast Angst davor haben, emotional manipuliert zu werden. "Lion" nimmt sich seine Zeit. Das erste Drittel zeigt nur den jungen Saroo, wie er sein ärmliches Leben als kleiner Junge in Indien lebt. Erst relativ spät kommt der Film in der nahen Gegenwart an, wo Saroo als Erwachsener gezeigt wird. Und dann dauert es erneut einige Zeit bis ihm klar wird, dass er seine leibliche Familie wiedersehen muss. Dies alles wird sehr ruhig, mit sehr hochwertigen Bildern eindrucksvoll und eindringlich geschildert.

Dev Patel, der den Saroo der Gegenwart spielt, macht dabei einen sehr guten Job, auch David Wenham und Nicole Kidman, die endlich mal wieder eine Rolle spielt, in der sich sich nicht nur auf einen Gesichtsausdruck verlassen kann, sind glaubwürdig und hervorragend, aber ausgestochen werden sie alle, ohne Ausnahme, von dem jungen Sunny Pawar, der den Saroo im Alter von fünf Jahren spielt. Man kann ihn und seinen Charakter innerhalb von Sekunden ins Herz schließen und bereits nach 10 Minuten Film klammert man sich an Taschentücher und versucht mit Mühe, die Tränen zu unterdrücken, sofern dies einem überhaupt gelingt. Ja, "Lion" ist dramatisch und berührend. Mehr als das, er ist geradezu Herzzerreißend, wenn man mit dem kleinen Saroo mitgerissen wird und sein Leben verfolgt. Dabei gibt es immer wieder total dramatische Elemente, die durch glückliche Fügung oder Cleverness des Kleinen aufgelockert werden.

Eine Stärke des Films ist auch der Stimmungswechsel in die Gegenwart, wo Saroo nun ein schönes Leben in Australien leben darf. Dieser Kontrast lässt Indien und Australien fast wie zwei verschiedene Welten wirken. Aber obwohl von außen gesehen alles super läuft, er dank seiner priveligierten Eltern alle Chancen der Welt erhält, ist nicht alles so heile Welt wie es auf den ersten Blick wirkt. Diese Familiendramatik packt den Zuschauer, Saroo's Zerrissenheit wird sehr gut übersetzt, aber auch wie sich die Familie fühlt und wie ihn der durch eine Erinnerung erweckte Gedanken seine echte Familie wiederzusehen aus dem Konzept bringt ist nachvollziehbar. Leider schleichen sich in diesen Part gewisse Längen ein, die man so hätte etwas besser hätte ausarbeiten können.


Davis brüllt sein "Lion" jedoch insgesamt so zurückhaltend, fast schon sparsam, dass sich ein wunderbar sanfter filmischer Sog entfalten kann. Natürlich ist die erste Hälfte des Films alles andere als 'Feel-Good-Kino', aber Davis deutet vieles nur an und überlässt es uns Zuschauern, die Bilder in Schwarz oder Bunt auszumalen. Die zweite Hälfte ist damit eigentlich ein komplett anderer Film. Was "Lion" allerdings zu einem Ganzen verbindet, ist genau das, was man an Dramen so lieben kann: emotional herausfordernd, ganz wunderbar gefilmt und mit einem schönen Score unterlegt, schauspielerisch herausragend und am Ende Herzen sprengend. "Lion" reisst von Anfang an mit und entlässt mit einer bitter-süßen, klaffenden Wunde in den Familienalltag.

9/10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen