Freitag, 8. November 2013

Bram Stoker's Dracula (1992)

http://www.imdb.com/title/tt0103874/

Der Anwaltsgehilfe Jonathan Harker (Keanu Reeves) wird von Graf Dracula (Gary Oldman) nach Transsylvanien gebeten, um den Kauf einiger Immobilien in London abzuschließen. Durch einen Zufall entdeckt Dracula, dass Mina (Winona Ryder), die Verlobte von Harker, seiner verstorbenen Frau Elizabeta bis aufs Haar gleicht. Auch Jonathan Harker hat etwas entdeckt: Sein Gastgeber ist nämlich kein Geringerer als der Fürst der Vampire. Doch während Harker noch überlegt, wie er das Schloss unbemerkt verlassen kann, hat sich Dracula in Gestalt des Prinzen Vlad bereits auf die Reise nach London gemacht, um dort die ahnungslose Mina zu umgarnen. Um sich zu ernähren, nimmt Dracula zunächst Besitz von Minas bester Freundin Luzy (Sadie Frost), deren plötzlicher unerklärlicher Blutmangel den Spezialisten Abraham van Helsing (Anthony Hopkins) auf den Plan ruft. Mittlerweile ist Mina ihrem dunklen Prinzen völlig verfallen und bereit, alles für ihn zu tun – sogar nach Transsylvanien würde sie mit ihm gehen. Doch Jonathan Harker und van Helsing sind ihnen schon auf den Fersen. Eine tödliche Jagd auf Dracula beginnt.

Zahlreiche Dracula-Verfilmungen hatte es bis dato gegeben, am einflussreichsten "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" aus Deutschland und die Variante der Universal Studios mit Bela Lugosi, bis hin zu Experimenten wie "Blacula". Aber eben keine, die sich tatsächlich eng an die 1897 erschienene Vorlage von Bram Stoker hielt. Regisseur Francis Ford Coppola erweist dem Romanautor die Ehre und schafft nicht unbedingt die beste, aber die schönste Adaption. Ein paar Freiheiten nehmen sich auch Coppola und seine Autoren, um die titelgebende Hauptfigur tragischer und plausibler zu gestalten. Doch Ablauf sowie Erzählweise entsprechen dem Roman, der sich gänzlich aus Tagebucheinträgen, Briefen und ähnlichen Schriften zusammensetzt. Visuell begeistert "Bram Stoker’s Dracula" durch prächtige Kostüme, düster-hochstilisierte Kulissen und wunderbar altmodische Spezialeffekte, ohne falsche Bescheidenheit untermalt von Wojciech Kilars dramatischer Musik. Eine fast perfekte Besetzung rundet das schaurige Spektakel ab.

In zurückgenommenen Studio-Sets und mit dafür umso pompöseren Kostümen und Masken, sowie, was ausgesprochen gut zu gefallen weiß, ausschließlich "echten" Tricks erzählt Regisseur Francis Ford Coppola die altbekannte Vampirgeschichte um den Grafen Drucula theatralisch, aufregend, spannend, emotional und einfach überwältigend. Er schafft es, seine Zuschauer zu fesseln und einzunehmen, so wie der Graf seine Opfer. Alles was die Story auszeichnet, sowohl der dunkle Horror, als auch der erotische Aspekt wird eindrucksvoll eingefangen und in düsterer Gothic-Atmosphäre stilvoll rübergebracht. Gary Oldman lässt sich von unterschiedlichsten Einschränkungen durch Kleidung und Makeup nicht beirren und brilliert mit den zahlreichen Gesichtern des Gestaltwandlers Dracula. Vom Greisen über das Monster bis hin zum jungen Verführer meistert er ein beachtlich breites Charakterspektrum. Zart, verletzlich und doch stark spielt die schöne Winona Ryder die mehrfache Geliebte in einer Doppelrolle. Für das Publikum kein Problem, nachzuvollziehen, wie um ihre Charaktere ein so großer Aufruhr entsteht. Dass Anthony Hopkins einen stilvollen Van Helsing abgibt, steht außer Frage.

Auch in den Nebenrollen findet sich reichlich Talent, etwa der faszinierende Tom Waits oder Monica Belucci, hier in ihrem allerersten Filmauftritt, wortlos, aber einprägsam. Es ist eine Traumbesetzung - wäre da nur nicht der für die junge Zielgruppe hinzugezogene Keanu Reeves als Harker. Er spielt hölzern, fast schon tapsig, scheitert bereits am Akzent seiner Rolle und wirkt oft deplatziert. Man stelle sich vor, der fast gleichaltrige Johnny Depp hätte den Part übernommen - es wäre ein schier unschlagbares Ensemble. Der relativ romangetreue, atmosphärisch dichte Streifen ist ein filmischer Genuss (schön: sogar eine kleine Hommage an die Entstehung des Kinos findet Platz, zumal der Roman um jene Zeit herum erschien). Nur gerät die vollgepackte Geschichte ab dem letzten Drittel etwas sperrig. Coppolas opernhafter, detailverliebter Stil entwickelt bei einer zweistündigen Laufzeit irgendwann doch arg viel Gewicht, und plötzlich haben die abgespeckten Dracula-Verfilmungen der Vergangenheit wieder all ihre Daseinsberechtigung. Nichtsdestotrotz bleibt „Bram Stoker’s Dracula“ ein einzigartiges, beeindruckendes Horror-Liebesdrama, eine großartige Dracula-Interpretation, ganz sicher eine der besten Umsetzungen des Themas und außerdem einer von Coppolas besten Filmen.

8/10

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