Sonntag, 28. Januar 2018

High Plains Drifter - Ein Fremder ohne Namen (1973)

http://www.imdb.com/title/tt0068699/

Eastwood spielt wie in den Leone-Filmen einen fremden, namenlosen Reiter, den es in die kleine Stadt Lago verschlägt. Dort wird er von den Bewohnern, fast allesamt Feiglinge, zuerst misstrauisch beäugt. Doch als der Fremde örtliche Halunken erschießt und dabei einen schnellen Umgang mit der Waffe zeigt, wollen die Bewohner ihn unbedingt zum Bleiben bewegen. In Kürze wird eine Gruppe Banditen in der Stadt erwartet, frisch aus dem Gefängnis entlassen und auf Rache ob des einjährigen Gefängnisaufenthaltes sinnend. Von den angsterfüllten Einwohnern des Ortes wird der Fremde um Hilfe im Kampf gegen die Banditen gebeten. Nach einigem Zögern willigt er schließlich ein. Allerdings lässt er sich dazu nur unter der Bedingung überreden, dass man ihm jeden Wunsch erfülle...

Eastwoods zweite Regiearbeit orientiert sich stilistisch ganz eindeutig viel mehr am Italowestern als am klassisch amerikanischen Western. Clint Eastwood vergewaltigt, hinterlässt einen Haufen Leichen - die Härte und zynische Verächtlichkeit dieses von ihm selbst inszenierten Werkes liegt für US-Western deutlich über dem Durchschnitt und orientiert sich klar am Italo-Western. Als "Fremder ohne Namen" schüchtert er die Bewohner eines Nestes ein, stellt für sie aber die einzige Rettung gegen brutale Banditen dar, die aus dem Gefängnis entlassen wurden und sich für Vergangenes an ihnen rächen wollen. So heuern sie Eastwood an, der als Entlohnung bekommt was er will. Es ist klar, dass auch er ein Rächer ist, der es den Bewohnern heimzahlt.

Daraus entwickelt sich der interessanteste Aspekt mit etlichen guten Plotideen: Eastwood beginnt ein übles Spiel mit den Einwohnern und spielt sie gegeneinander aus, was sogar witzig ist und für mehr Lacher sorgt als so manche "Komödie". Dazu gehören auch die trockenen Macho-Sprüche. "Stellt euch vor, sie vergehen sich an euren Frauen, oder schlimmer noch, knöpfen euch das Geld ab..."

Erfrischend, weil Eastwood nicht den üblichen, im Verlauf immer gleichen Racheplot ansetzt, sondern mit einer clever aufgebauten Handlung punktet, worin eine gesunde Härte in starker Western-Atmo einflochten ist. Der wortkarge "Held", der ätzende Zynismus, die fragwürdige Moral, die schmutzige Gewalt und die oft karge Inszenierung, all das findet sich hier wieder. "Ein Fremder ohne Namen" reitet in die Stadt Lago ein und der Totengräber bekommt viel Arbeit, aber erst nach und nach offenbaren sich seine wahren Motive. Einen Revolverhelden brauchen sie, also werden auch all die Demütigungen ertragen. Ein bizarres Spiel wird daraus. Ein sich gegeneinader Aufhetzen. Die schlimmste Geißel ist die selbst auferlegte. Eastwood variiert nur seine Figur aus den Leone-Klassikern, legt sie aber auch deutlich böser an. Das Frauenbild allerdings gehört zweifellos hinterfragt. Ein unbequemer Film, weil moralisch doch oft sehr grenzwertig. Und doch eins: großartig.

8/10

Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film nun endlich auch hierzulande in HD in einem tollen Mediabook:

Quellen
Inhaltsangabe: Capelight

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